Der Sextant
ist das unentbehrliche Handwerkszeug des Astro-Navigators. Er ist nichts weiter
als ein Winkelmessgerät, allerdings ein sehr präzises, welches Messungen
mit einer Genauigkeit von einer Bogenminute erlaubt; selbst Bruchteile einer
Minute können noch gut geschätzt werden.
Hier sehen Sie den Sextanten, welchen ich selbst benutze:
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Es ist ein Sextant der Marke Freiberg, der in der ehemaligen DDR
gefertigt wurde. Er ist testierfähig d.h. er genügt den Vorschriften
der Berufsschiffahrt.
Die wesentlichen Bauteile des Sextanten sind:
- Der Körper mit der Gradeinteilung ( Limbus ) und dem mit dem Körper
verbundenen Horizontspiegel.
- Die bewegliche Alhidade mit Trommel und dem mit der Alhidade verbundenen
Indexspiegel.
- Dem Fernglas
- Diversen Schattengläsern für Index- und Horizontspiegel zum
Abdunkeln von Sonne und Horizont. |
Funktionsweise :
Der Sextant verfügt über 2 Strahlengänge,
den direkten Strahlengang, der geradlinig von einem anzupeilenden Objekt durch
den halbdurchlässigen Horizontspiegel hindurch zum Fernglas führt
(rot eingezeichnet) und
den indirekten Strahlengang der von einem anderen Messobjekt ausgehend auf den
Indexspiegel fällt, dort zum Horizontspiegel reflektiert wird und vom Horizontspiegel
zum Fernglas reflektiert wird (orange eingezeichnet).
Im abgebildeten Zustand verlaufen beide Strahlengänge parallel, d.h. beide
Strahlengänge zielen aufs gleiche Objekt Die Alhidade steht am Limbus auf
0º, die Trommel zur Feineinstellung auf 0'.
Bewegt man nun die Alhidade, so verstellt sich der daran befestigte Indexspiegel
ebenfalls, die Strahlengänge verlaufen nicht mehr parallel, d.h. man sieht
im Fernglas gleichzeitig 2 verschiedene Bilder. Bringt man auf diese Art im
Fernglas die Horizontlinie (die Kimm) mit z.B. der Sonne übereinander (
natürlich unter Nutzung der Schattengläser ), so kann man an Limbus
und Trommel den Winkel zwischen Kimm und Sonne ablesen.
Und das wars dann auch schon... der Sextant wird nicht weiter benötigt.
Messpraxis
Nun stelle man sich das Messen eines Gestirns nicht ganz so einfach vor.
Bei einigem Seegang, ist es nicht leicht, den Sextant so ruhig zu halten, daß
eine ausreichend genaue Messung zustande kommt. Außerdem ist es fast unmöglich,
den Sextanten wirklich senkrecht zu halten. Dies ist aber wesentlich, da bei
schief gehaltenem Sextanten ein zu großer Höhenwinkel gemessen würde.
Man hilft sich mit einem Trick:
Da es praktisch ausgeschlossen ist, die exakte Mitte der Sonnenscheibe mit der
Kimm in Deckung zu bringen, da die Mitte der Sonnenscheibe leider unmarkiert
ist, mißt man in aller Regel den Winkel zwischen Sonnenunterrand und Kimm,
indem man den Sonnenrand die Kimm so eben berühren läßt.
Da es ebenfalls praktisch ausgeschlossen ist, den Sextanten bei der Messung
exakt senkrecht zu halten, läßt man den Sextanten um die Fernrohrlängsachse
leicht pendeln, so daß die Sonne (oder ein anderes Gestirn) einen leichten
Kreisbogen beschreibt, an dessen tiefster Stelle sie die Kimm eben berührt.
Die tiefste Stelle ist die, bei welcher der Sextant senkrecht steht !
Im Fernrohr sieht das dann ungefähr so aus:
Messfehler
Neben den Ungenauigkeiten, welche der Messvorgang selbst mit sich bringt, und
die nur durch Übung reduziert werden können, sind einige systematische
Fehler zu beachten, die aber auf Grund ihrer Systematik auch korrigierbar sind:
Sextantenfehler
Kein Präzisionsgerät ist so exakt, daß es absolut fehlerfrei
ist. Testierten Sextanten liegt eine Tabelle bei, welcher der Messfehler bei
verschiedenen Messwinkeln entnommen werden kann. Dieser Fehler ist bei der Ermittlung
von Hb zu berücksichtigen.
Ein Teilfehler ist der über den Messbereich konstante
Indexfehler.
Er kann selbst ermittelt werden, indem man beide Teilbilder auf ein gleiches
Objekt z.B. die Kimm richtet und die beiden Teilbilder exakt in Deckung bringt.(
Beide Strahlengänge verlaufen dann parallel ). Der an der Trommel angezeigte
Differenzwert zu 0 ist der Indexfehler, da bei dieser Messung der richtige Wert
genau 0 sein soll.
Der Indexfehler ist positiv, wenn er am Vorbogen (dem kurzen Teilstückk
unter der 0 am Limbus) abgelesen wird; er wird negativ, wenn er am Hauptbogen
(das ist der eigentliche Meßbereich des Sextanten) abgelesen wird.
Die Gesamtberichtigung
Die Gesamtberichtigung muß individuell für das jeweils gemessene
Gestirn ermittelt werden.
Darin werden berücksichtigt:
- Fehler, welche durch die Lichtbrechung in der Atmosphäre hervorgerufen
werden
- Fehler, welche durch die Augenhöhe des Beobachters über der Wasseroberfläche
verursacht werden
- Bei der Sonne und beim Mond Fehler, die dadurch verursacht werden, daß
der Unterrand an Stelle des Mittelpunktes des Gestirns gemessen wird.
- Fehler, welche durch die sich im Jahresverlauf ändernden Durchmesser
der Sonnen- bzw. Mondscheibe ergeben.
Ausgehend von einer auff Segelyachten zutreffenden Augenhöhe von 2 m
können für das meistgemessene aller Gestirne, die Sonne,alle diese
Berichtigungen in nur 3 Werten zusammengefasst werden. Mit ausreichender Genauigkeit
gilt:
Messwert: |
Gesamtberichtigung: |
ab 20º |
+ 11' |
ab 25º |
+ 12' |
ab 40º |
+ 13' |
Die Gesamtberichtigung für andere Gestirne kann den rosa Seiten des nautischen
Jahrbuchs entnommen werden.
Und nicht vergessen : die Zeit
Halten Sie die sekundengenaue Zeit fest, zu der Sie Ihr Gestirn messen. Das
ist der Moment, in welchem dieses Gestirn bei Beschreibung der Pendelbewegung
um die Fernrohrlängsachse die Kimm so eben küsst. Am einfachsten ist
es, wenn Sie in diesem Augenblick NULL oder JETZT rufen und ein anderes Crewmitglied
dabei die Zeit abliest.
Wann kann gemessen werden:
Natürlich nur dann, wenn beide Objekte, zwischen denen der Höhenwinkel
gemessen werden soll auch zur Verfügung stehen.
Sichtiges Wetter vorausgesetzt, kann die Sonne den ganzen Tag gemessen werden.
Man vermeide aber Höhenwinkel unter 15º und über 75º. Im
ersten Fall ist keine zuverlässige Gesamtberichtigung gegeben, im 2.Fall
ist der Abstand zum Bildpunkt des Gestirns so gering, daß die in die Seekarte
einzuzeichnende Standlinie nicht mehr als Gerade angesehen werden darf.
Der Mond ist häufig auch am Tage sichtbar; berechnet man seinen Standort
vor und sucht ihn mit dem entsprechend voreingestellten Sextanten in der Richtung
des vorgerechneten Azimuts, so kann man ihn gelegentlich auch dann finden, wenn
er mit bloßem Auge kaum wahrnehmbar ist.
Ansonsten können Mond, Fixsterne und Planeten NUR in der Dämmerung
gemessen werden, also in dem engen Zeitabschnitt in welchem Morgens die Gestirne
NOCH und die Kimm SCHON sichtbar sind; in der Abenddämmerung entsprechend
umgekehrt.
Nachts sind keine Messungen möglich, da keine Kimm zur Verfügung steht.